… sind keine guten Voraussetzungen für Intimität“
Therapeutin Ines Maurer hilft Paaren bei Problemen. Der Raum ist hell und freundlich eingerichtet, Karten mit Mut machenden Inhalten zieren eine Wand. Hier fühlt man sich wohl. Ines Maurer ist seit neun Jahren als Paartherapeutin in Braunschweig tätig, ihre erste Praxis eröffnete sie 1999 in Bremen. Ein offenes Geheimnis ist: Läuft es in der Partnerschaft gut, dann läuft es auch im Bett gut. So sind die Paare auch viel großzügiger zueinander. Doch wie kommen Paare trotz des ganzen Wirbels im Alltag dort hin?
„Ich frage die Paare immer, seit wann sie die Probleme schon haben“, berichtet Maurer. Viele Paare überlegen schließlich einen Moment und äußern dann oft, dass es Probleme gibt, seitdem das Kind auf der Welt ist – doch handele es sich ab und an schon um Mädchen und Jungen, die bereits in der Pubertät sind. „Die Paare halten das also lange aus und sind eigentlich immer unzufrieden und unglücklich. Sie trauen sich nicht, irgendwas zu machen und wissen eigentlich auch nicht, woran es liegt. Sie geben sich beide die größte Mühe“, berichtet die Therapeutin.
Ein Kind verändere die Beziehung und das Sexleben der Paare. Plötzlich ist alles anders. „Alles ist auf das Kind fokussiert, denn das Kind will ganz viel und dann ist es auch noch in den meisten Fällen so, dass in dieser Lebensphase weitere Dinge passieren: Ein Haus wird gekauft, der Kredit läuft. Man steht am Anfang seiner Karriere“, erklärt die Braunschweigerin. Dinge, die eine Beziehung vorher ausgemacht haben, fallen weg: die Kinobesuche, die Abendspaziergänge.
Die Expertin plädiert dafür, Abstriche zu machen. Die Beziehung sei schließlich die Grundlage des ganzen Projekts. Wenn dann noch Schwierigkeiten im Alltag hinzukommen, wachsen der Unmut und innere Groll – „was selbstverständlich keine gute Voraussetzung für Intimität ist. Denn dann ist man so voll Ärger, dass man abends nicht einfach abschalten kann.“
Oftmals sind es die Frauen, die sich überfordert fühlen und dann das Gefühl bekommen: «Und jetzt kommt noch einer und will etwas von mir.» Andersherum gibt es das natürlich auch: Männer sind so gestresst von ihrer Arbeit, dass sie auch keine Lust mehr haben. Und Männer haben auch vor allem dann keine Lust mehr, wenn die Frau den ganzen Tag nur meckert. „Kaum kommt er zur Tür rein, wird gemeckert: Das nicht richtig, dies nicht richtig, das zu spät, nie kommst du nach Hause, deine Arbeit ist viel wichtiger – und so weiter“, berichtet Maurer. „Darauf hat er dann auch keine Lust mehr und bleibt lieber eine Stunde länger bei der Arbeit, anstatt sich das Gemecker anzuhören.“
Partner müssen lernen zu gucken: Was sind meine Gefühle? Was sind meine Bedürfnisse? Was brauche ich? „Und damit dann in Verhandlung gehen sozusagen miteinander. Und sich da gegenseitig respektieren und akzeptieren. Und vor allem müssen sie sich natürlich Zeit nehmen für ihre Intimität. Und damit meine ich nicht nur Sexualität. Sexualität ist ja etwas, das aus der Intimität heraus erst entsteht“, erklärt Maurer.
Hat eine Frau ein Kind bekommen, sei es selbstverständlich, dass sie nicht gleich wieder große Lust auf Sex verspüre. „Das ist ganz normal, dass man eine Weile keine Lust hat, denn dann hat die junge Mutter ständig ein Kind an der Brust – und das reicht dann auch mal.“ Sexualität brauche natürlich auch Energie. Ohne Energie geht nichts mehr. Unterstützungssysteme seien wichtig, um gemeinsam Zeit zu verbringen und die Akkus wieder aufzuladen.
Zudem verändert sich der Körper im Laufe des Lebens, nicht nur nach einer Schwangerschaft. „Wenn ich mit meinem Partner mein Leben lang eine schöne Sexualität haben will, muss es auf der Ebene der Beziehung stattfinden. Und nicht auf der Basis, dass ich aussehe wie ein Pin-up-Girl. Grade wenn man so jung ist, dann hat man mehr diese äußere Attraktivität im Kopf und das ist auch in Ordnung. Der Körper verändert sich im Laufe des Lebens und wenn man noch mit 60, 70, 80 Jahren noch eine schöne Sexualität haben will, dann muss man das mit einbeziehen. Sexualität ist nicht immer nur schön. Es kann auch mal sein, dass einem dabei schlecht wird, dass man traurig wird, oder, dass andere Gefühle hochkommen, die da nicht so hinpassen. Und wenn ich einen Partner habe, mit dem ich das alles teilen kann und er auch seine Gefühle teilen kann, dann bleibt es intim. Und dann ist es möglich, weiterhin Sexualität zu leben. Doch wenn ich dann das Gefühl habe, dass ich mich verstecken muss, weil ich ein Kilo zugenommen habe, dann ist die Intimität schon gestört“, betont die Expertin.
Sich Zeit zu nehmen für die Beziehung sei ganz wichtig: Ein Beziehungskiller ist beispielsweise der Fernseher. „Ich sage immer, dass es im Schlafzimmer ein Handy- und Fernsehverbot geben sollte. Man sollte es sich in dem Zimmer ebenso schön machen und nicht in der Abstellkammer schlafen.“
Ein weiterer Ratschlag der Therapeutin: Paare müssen nicht immer zusammen schlafen. „Es ist gut, ein gemeinsames Schlafzimmer zu haben, aber es ist ebenso gut, wenn jeder ein eigenes Zimmer hat, damit die eigene Persönlichkeit sozusagen gewahrt wird. Dorthin kann man sich dann mal zurückziehen, meditieren, ein Buch lesen. Es ist wichtig, dass man in einer Beziehung das Fokussieren auf sich selbst nicht verliert“, sagt Maurer.
Es gibt laut der Braunschweigerin immer mal Phasen, in denen Paare viel Sex haben – und eben Phasen, in denen wenig oder auch gar nichts läuft. „Wichtig ist, dass man im Gespräch bleibt und beide reflektieren, wie es ihnen damit geht. Und wenn ein Partner Sex möchte und der andere nicht, dann ist es schön, wenn man es auch als Beziehungsangebot sehen kann. Und die Wünsche des anderen müssen nicht unbedingt erfüllt werden, aber gewürdigt werden. Nicht den anderen dafür runtermachen, weil er Sex will. Das ist kein schöner Umgang miteinander. Man sollte lieber sagen, dass man es toll findet, begehrt zu werden, aber im Moment eben nicht möchte.“
Seit 18 Jahren arbeitet Ines Maurer als Paartherapeutin. Sie sagt, dass es früher die Probleme mit dem Handy in der Fornicht gab. „Gegenseitig wird das Handy kontrolliert, es gibt viel Kontakt mit anderen über das Handy. Die Aufmerksamkeit ist auf das Display gerichtet – und man ist nicht wirklich da“, zählt die Braunschweigerin auf.
Für Interessierte: Ines Maurer (Paartherapeutin) Heilpraktikerin für Psychotherapie, Jasperallee 79, 38102 Braunschweig, Telefon: 0531 – 206 68 19, Mobil: 0176 – 80 10 87 50, info@paarberatung-braunschweig.de
> Michelle Braun und Katharina Pahl
Fotos: unsplash / lacie-slezak

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