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Seitdem ich die VITA-MINE (Galerie, Verlag und Lesebühne) in der Karl-Marx-Str. 6 (östliches Ringgebiet) eröffnet habe, tauchen sie alle, na ja, fast alle wieder auf und das macht mich glücklich und zugleich etwas wehmütig, denn nicht sie waren weg, sondern ich – was muss ich alles verpasst haben?
Aber, glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist! (Sang übrigens Heino, Anfang der 70er-Jahre! – Nicht nur Udo hat seine Spuren hinterlassen!)
Leben wir also im Hier und Jetzt! Jetzt ist hier DIE VITA-MINE und es kommt mir vor als zöge sich vom Wasserspielplatz, über Bohlweg, Bültenweg, Hagenmarkt und jetzt zur Karl-Marx-Str. ein roter Faden und das nicht nur quer durch „meine Stadt“, sondern auch durch unser gemeinsames Leben.
Die Jungs sind wieder oder immer noch da und so wie wir früher nach der Schule zuerst zum Wasserspielplatz und dann später zum Bohlweg pilgerten, immer in der Angst etwas zu verpassen, so schlendern, radeln, schlurfen, und das glücklicherweise – noch nicht auf Rollatoren gestützt – sie mal vormittags, mal nachmittags oder eben zur Freude meiner neuen Nachbarn auch mitten in der Nacht vorbei, lümmeln sich auf mein Sofa und quatschen und haben etwas zu erzählen. Und sie haben richtig was zu erzählen. Sie erzählen, von Brüchen in der Biographie, von Karrieren, von Burnouts, von schrägen Deals, von neuen Liebschaften, von revolutionären Gedanken, von geplatzten Träumen, vom letzten AC/DC-Konzert, vom Jakobsweg, wir reden über längst vergangene Phantastereien, neue Projekte, über gemeinsame Ziele, über: Man müsste mal, man sollte doch, lass uns mal … Und nicht übers neue Auto und nicht über Aantracht!!
Und ich bin sehr froh darüber, dass sie „übriggeblieben“ sind, dass es sie immer noch gibt, die Maler, die Mucker, die Tourmanager, die Schreiber, die Cartoonisten, die Rocker, die Geschichtenerzähler und -erleber, die verrückten Verweigerer und Versager.
Und dann frage ich mich: „Sind wir wirklich übriggeblieben oder doch zurückgeblieben, sind wir die, über die der „Sylvester-Stallone-Sohn“ in „Over the Top“ sagt: „Die meisten bleiben auf dem Niveau eines 14-Jährigen hängen!“. Haben wir uns denn gar nicht weiterentwickelt, sind wir nicht erwachsen geworden, haben wir da was verpasst oder waren wir schon mit 14 weiter als die anderen? Wussten wir nur damals schon besser, was wir wollten oder eben nicht? Sind wir die (frei nach Peter Glaser in seiner letzten „Tempo-Kolumne“), die den 10-Jährigen zurufen:„ Eyh Jungs, als wir in eurem Alter waren, da waren wir längst 14!“
So oder so ähnlich muss das sein. Wir sind nicht zurückgeblieben, übriggeblieben, wir sind auch nicht der Weisheit letzter Schluss, aber wir sind Wir geblieben und wir machen das Leben und nicht nur für uns ein ganzes Stückchen bunter.
Und jetzt, jetzt geht die Tür auf …
„Na Alter, is´ der Kaffee fertig, oder haste noch`n Wolters?“
„Moin, mein Lieber – Wolters geht auch!“
Ich sag ja: Wie am Wasserpielplatz, im Hintergrund düdelt Udo: „Ich träume oft davon, ein Segelboot zu klauen.“ Ich lege die schweren Cowboots einfach auf dem Tisch ab, warte eigentlich nur darauf, dass jetzt einer die „Camel-Ohne“ rausholt und mit den Tickets für die Konzerte von Udo in Hannover oder Status-Quo im Raffteich wedelt.
– Ich gehe übrigens zu beiden!
Tja, so sieht das aus. Klar sind wir älter geworden, aber Jungs geblieben.
Und das kann der nächsten Generation etwas Mut machen, denn umso mehr ihr in eurer Jugend mit euch selbst im Reinen seid und euer Ding macht oder man euch machen lässt, umso cooler ist es, alt zu werden. Gilt im übrigen auch für Mädels! Selbstverständlich auch sehr gern gesehen in der VITA-MINE!
PS.: „Jungs und Mädels, wenn ihr mich in der VITA-MINE besuchen kommt – bringt Geschichten mit!“
>> Thorsten Stelzner
Foto: Andreas Greiner-Napp

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